Frischer Wind über Gennshof - Nordmärker Besen kehren gut

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Am frühen Morgen, 13. Travia 1044 BF

Die ersten Strahlen des Praiosmales, welche über die Zackenreihe der Trollzacken im Rahja lugten, weckten den Junker von Gennshof aus seinem leichten Schlummer. Der Abend wurde lang und die Nacht kurz. Wiewohl ihm die Trauung aufgezwungen wurde, kam er nicht umhin zuzugeben, dass die Zeremonie etwas in ihm bewegte.

Den Segen spendeten dabei nicht nur die Hochgeweihte des hiesigen Gänsehofs für die Kirche der gütigen Mutter, sondern auch der Vater der Braut für die Gemeinschaft des Lichts. Beides Kulte, welchen Wolfrat die höchste Form der Verehrung entgegen brachte.

Und auch die Gästeschar konnte sich sehen lassen: die Landvögtin von Zwerch, Rangardis von Falkenstein, gab sich hierbei ebenso die Ehre, wie die Stadtvögtin von Rommilys, Linari von Halberg-Kyndoch, die die Werbung des Gugelforsters einst ausschlug und den Bund zu ihrer Cousine Praida gar mit einfädelte. Aus Weiden kam der Baronet von Weidenhag - Wilfred von Gugelforst - in Vertretung seiner Schwester, die durch den Weidener Baronsrat leider verhindert war und aus der Rabenmark selbstverständlich der Reichsvogt von Gugelforst als Oberhaupt der Familie.

Wolfrat streckte seine müden Glieder und bemerkte, dass er alleine im ehelichen Bett lag. Der Ritter rieb sich seine müden Augen, wickelte seinen unbekleideten Körper in ein Leintuch und machte begab sich aus den Gemächern hinunter in die Wohnräume des Herrenhauses. Bedingt durch die frühe Stunde, begegnete er niemand anderem als einer Bediensteten, die ob des Zustandes der Bekleidung des Hausherrn sogleich ihren Blick senkte.

Praida selbst traf der Junker dann auf der rückwärtigen Terrasse in Richtung dem See an. Sie schien in auch nicht mehr als eines seiner Hemden gewandet zu sein, was ob des Unterschieds in der Körpergröße der Beiden wie ein Sommerkleid anmutete.

“Guten Morgen”, Wolfrat grüßte sein Eheweib mit einem Kuss, was diese erst etwas verblüfft innehalten ließ. Erst drei-vier Herzschläge später wich die Verblüffung einem zurückhaltenden Lächeln. “Ich hoffe du hast gut geruht?”

Die junge Geweihte nickte knapp. “Ja, überraschend gut”, wieder folgte ein Lächeln, das jedoch sogleich wieder erstarb. “Ich werde ein paar Monde hier auf dem Gut bleiben, bevor ich meinen Dienst in Rommilys antrete”, setzte Praida dann hinzu, wobei ihr Blick hinaus auf das Ochsenwasser gerichtet war, das unter den Strahlen des Praiosmales zu funkeln begann, wie ein Kleinod. “Und ich erwarte das auch von dir”, die braunen Augen der zierlichen Frau lagen in diesem Moment wieder auf ihrem Mann. “Ich weiß ja, dass es dich sonst wieder nach Rommilys zöge.”

“Ja, natürlich”, Wolfrat schluckte. “Sehr gerne, Mutter wird …”

“... deine Mutter wird nicht hier sein …”, fiel Praida ihm sogleich ins Wort. “Ich habe gestern ein paar Gespräche geführt. Sie wird von nun an den Haushalt im Stadthaus der Familie führen. Dein Familienoberhaupt war ganz angetan von der Idee solch eine repräsentative und mit guten Kontakten ausgestattete Frau wie deine Mutter, nahe dem markgräflichen Hof zu wissen, den sie ja selbst so gut kennt.”

Der Junker wusste in diesem Moment nicht, ob er schockiert sein, oder lauthals loslachen sollte. “Das ist … wie hat sie es denn aufgenommen?”

Praida zuckte kurz mit einer Schulter. “Das kümmert mich nicht. Und dich sollte es auch nicht kümmern. Es wird Zeit, dass ihr jemand die Grenzen aufzeigt … und es wird auch Zeit, dass du … wir … unsere Aufgaben hier auf dem Gut wahrnehmen.”

Hätte Wolfrat gelacht, spätestens jetzt wäre das Lachen wieder erstorben. “Das …”, der Ritter räusperte sich, “... das habe ich mir vorgenommen, ja.”

Das Spiel der Augenbrauen auf dem nicht unhübschen Antlitz der Halbergerin machte ihm klar, dass sein Eheweib ihm das nicht wirklich abnahm. “Dann ist ja gut. Ich möchte auch eine Amme aus den Nordmarken holen, sobald ich schwanger gehe. Eine Zofe wohl auch, die hier nach dem Rechten sieht wenn ich am Greifenberg in Rommilys weile.”

Der Gugelforster ließ die Worte sacken und musterte seine Gemahlin. Ja, seine Mutter tat wahrlich schlecht daran, die junge Praioranerin zu unterschätzen. Nun würde hier wohl ein anderer Wind wehen, doch wäre es eine willkommene Abwechslung, auch wenn Wolfrat zusehen musste, dass ihm die Sache nicht vollends entglitt und er hier zum Beiwagen seiner Frau verkam. Die Wünsche, welche sie eben geäußert hatte, machten jedoch Sinn und er würde ihnen entsprechen. “Das ist für mich in Ordnung”, um den Schein zu wahren, gab er formal seine Zustimmung dazu, wiewohl er nicht das Gefühl hatte, gefragt geworden zu sein.

“Schön, dass wir uns darin einig sind”, nun fand sich abermals ein Lächeln auf den ebenmäßigen Zügen Praidas. Sie rutschte näher an ihn heran und lehnte sich gegen seinen Oberkörper, während Wolfrat seinen Arm um ihre Taille legte. Gemeinsam bewunderten sie die Schönheit des Sonnenaufgangs über dem Ochsenwasser.


-Fin-